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Umgang mit Menschen macht Katzen klug

Sozialisation ist ein "must have" für moderne Hauskatzen. Sie lernen dabei, in Gegenwart von Lebewesen gelassen zu bleiben und sie für eigene Vorteile zu nutzen. Eine aktuelle Studie fand Hinweise, dass gegenüber Menschen sozialisierte Katzen Probleme schneller lösen als unsozialisierte.

Denken als Forschungsinhalt

Wie nehmen Tiere die Welt war? Wie verarbeiten sie Informationen und welche Schlussfolgerungen ziehen sie aus ihren Erfahrungen? Welche Probleme können sie lösen und welche nicht? Dies sind einige der Fragen, die Wissenschaftler sich bei der Erforschung der kognitiven Fähigkeiten der Tierwelt stellen. Soziale Arten wie Hunde und Affen werden gerne daraufhin untersucht, auch weil sie durch Beobachten und Nachahmen von Gruppenmitgliedern eine "Schwarmintelligenz" nutzen können, also das Rad nicht immer neu erfinden müssen.

Katze mit Denkspielzeug

Hauskatzen sind insofern interessante Probanden für solche Studien, weil sie als Nachfahren von Einzelgängern gewohnt sind, Probleme selbst zu lösen. Im Laufe der Domestikation haben sie aber auch das Abschauen von Fertigkeiten gelernt und dies nicht nur von Artgenossen, sondern manche ahmen sogar Menschen, Hunde & Co. nach. Wer ihnen dabei als gutes Vorbild dient, erkennen Katzen während ihrer Sozialisation, der „Freund-Prägung“ in ihren ersten Lebenswochen. In dieser sozialen Prägungsphase wird jedes Kätzchen gewissermaßen individuell domestiziert, d.h. es lernt, anderen Lebewesen - getrennt voneinander Katze, Mensch, Hund etc. - zu vertrauen.
Der Grad der Sozialisation v.a. gegenüber Menschen ist bei Hauskatzen allerdings sehr unterschiedlich, die Folgen reichen von extrem menschenscheu bis maximal anhänglich, wobei die meisten Katzen sich im Mittelfeld befinden, d.h. sie mögen Kontakt zu Menschen, bleiben aber auch gerne einmal alleine - alles zu seiner Zeit.

Sozialisation und Problemlösung

Mary C. Howard ging bei ihrer Masterarbeit der Frage nach, ob sich der Grad der Sozialisation auf die Intelligenz von Katzen auswirkt bzw. ihre Fähigkeit zur Problemlösung. Dazu testete sie 84 Tierheimkatzen auf ihre Sozialisation und ließ jede ihre bevorzugten Leckerlis wählen. Anschließend beobachtete sie die Probanden im Umgang mit einem Problem, in diesem Fall war dies ein Futterspender, der nach dem Ziehen an einer Lasche eines der beliebten Leckerlis freigab.
Tatsächlich zeigte sich, dass die Katzen, die die Aufgabe lösten, höhere Sozialisierungsgrade hatten als diejenigen, die daran scheiterten. Und je besser die Sozialisation, desto schneller bepfötelten sie den Apparat und desto schneller durchschauten sie das Problem des verborgenen Futters und bedienten sich. Erfolgreiche Miezen brauchten durchschnittlich 83 Sekunden, um den Apparat zu "knacken".
Emma (auf dem Foto) brauchte etwas länger für eine ähnliche Aufgabe, nämlich an die Leckerlis in der frei hängenden Flasche zu kommen. Dieses Intelligenzspielzeug für fortgeschrittene Rätselmiezen ist schnell gebastelt; für die Einsteigerkatze sorgen kleine "Duftlöcher" nahe des Flaschenbodens für eine längere Beschäftigung und beschleunigten Lernerfolg, bei der Profikatze klemmt man ein schmales Pappstück in die Öffnung, damit sie die Flasche nicht mit einem Dreh leert.

Vorteile der Sozialisation

Die Sozialisation ist für Katzen wichtig, um in der Nähe von Menschen (und ggf. anderen Arten) gelassen zu bleiben, statt sich bedroht zu fühlen, sich zu wehren, zu fliehen oder andere Symptome von Stress zu zeigen. Insofern verbessern diese Erfahrungen das Wohlbefinden unserer Hauskatzen und sollten zur Frühförderung jedes Kätzchens gehören.

Im Alter zwischen zwei und acht Wochen reichen täglich 40 Minuten freundlicher Umgang pro Kitten, in dem es hochgehoben, gestreichelt und leise schmeichelnd mit ihm gesprochen wird. Mit zunehmendem Alter baut man die freundschaftlichen Kontakte durch Spieleinheiten und andere interessante Aktivitäten aus.

Gut sozialisierte Katzen werden zutraulicher, aber auch neugieriger als ihre menschenscheuen Artgenossen. Dadurch trauen sie sich eher an unbekannte Objekte (und fremde Menschen) heran, um sie zu erkunden und können Mut und Erfindungsgeist ausbauen. Gut sozialisierte Katzen werden außerdem sehr gut versorgt, d.h. sie entwickeln sich schneller und haben mehr Zeit zu spielen als verwilderte und dadurch evtl. auch mehr Gelegenheiten, Eigenschaften von Objekten zu erkunden und Fertigkeiten jenseits der Jagd zu schulen. All diese Zusammenhänge können die Ergebnisse dieser Masterarbeit erklären.

Intelligenzbeweise sind eine Frage von Zeit, Ort und Verfassung

Trotzdem ist m.E. die Sozialisation nicht alleine für die Unterschiede der kognitiven Fähigkeiten von Hauskatzen verantwortlich. Denn die ausgesprochenen Individualisten unterscheiden sich natürlich im Grad ihrer Intelligenz, wie andere Tiere incl. Menschen: es gibt clevere und weniger clevere. Aber wie bei Menschen mag die Ursache auch in einer Veranlagung zu besonderen Fähigkeiten, Vorlieben und Abneigungen liegen. Manche verwilderte Katzen sind außerdem zwar deutlich geübter im Erbeuten von Nahrung als ihre zahmen Artgenossen, so dass kein Abfalleimer, kein Teller und keine Futterpackung vor ihnen sicher sind. Allerdings möchten die meisten bei ihren Beutezügen gerne ungestört sein, Zuschauer verunsichern sie eher. Und die stressige Tierheimumgebung wie in dieser Studie wird so mancher schlecht sozialisierten, scheuen Katze auf die nötige Konzentration geschlagen haben - Stress verhindert kreative Problemlösungen. In einem ruhigen, bekannten Lebensraum wäre der Futterspender für sie vielleicht kein Problem gewesen.

Die kognitiven Fähigkeiten von Hauskatzen zu erforschen, ist keine leichte Aufgabe, das ergaben schon frühere Studien. Denn damit sich eine Katze einer Herausforderung stellt, muss sie entspannt und entsprechend motiviert sein. Das ist bei den meisten Kandidaten nur am gewohnten Ort zu passender Zeit und in der richtigen Verfassung der Fall. Aber natürlich können wir die geistige und mentale Entwicklung unserer Katzen unterstützen: durch eine optimale Sozialisation und Milieuprägung in ihrer Jugend und durch Anregungen und Förderung in ihrem gesamten Leben.

Quelle:

Mary Catherine Howard (2018): Socialization and problem-solving in domestic cats (Felis catus). Masterthesis, University of Chattanooga, Tennessee

 

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